Bewerben und Absagen will gelernt sein

06.02.2013  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: ARAG.

„...leider haben wir uns für einen anderen Kandidaten entschieden." Aus gutem Grund werden Ablehnungsschreiben der meisten Personalverantwortlichen so neutral verfasst. Denn seit August 2006 ist das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) in Kraft. Dieses müssen alle Arbeitgeber nicht nur bei der Formulierung von Stellenanzeigen, sondern auch bei Absagen auf Bewerbungen beachten. Das Gesetz soll arbeitssuchende Menschen vor Diskriminierung schützen. Wer zu Unrecht bei der Auswahl benachteiligt wurde, hat Anspruch auf Schadenersatz.

Richtig absagen

Auch nett gemeinte Absagen können für das Unternehmen Ärger nach sich ziehen. Sätze wie „Sie sind für unser Unternehmen leider zu jung..." oder „Da diese Tätigkeit einen hohen körperlichen Einsatz erfordert, haben wir uns für einen männlichen Mitarbeiter entschieden..." können als Diskriminierung ausgelegt werden. Unternehmer sollten darum rein arbeitsplatz- und qualifikationsbezogene Argumente anführen und keinen anderen Grund nennen. ARAG Experten tendieren sogar dazu, sich bei Absagen auf das Nötigste zu beschränken. Völlig in Schweigen hüllen darf sich das Unternehmen allerdings nicht. Der Europäische Gerichtshof entschied nämlich: Unternehmen, die einen Bewerber bei der Jobvergabe übergehen, ohne ihre Gründe offenzulegen, müssen damit rechnen, dass ihnen ihr Schweigen als Diskriminierung ausgelegt wird (EuGH, Rs. C-415/10). Vorsicht gilt übrigens auch für telefonische Absagen: In einem tatsächlichen Fall wurde eine türkisch-stämmige Bewerberin von der Diakonie in einem Telefonat nach ihrer Kirchenzugehörigkeit gefragt und erhielt daraufhin spontan eine Absage. Sie klagte wegen religiöser Benachteiligung und gewann in der ersten Instanz, verlor aber in der zweiten, weil sie gar nicht die erforderliche Qualifikation besaß. Wer also gar nicht geeignet ist, kann auch nicht wegen eines unzulässigen Diskriminierungsmerkmals benachteiligt werden, meinten also die Richter (LAG Hamburg, 3 Sa 15/08).

Gegen Diskriminierung wehren

Abgelehnte Bewerber müssen also von potenziellen Arbeitgebern fair und gerecht behandelt werden. Ist das nachweisbar nicht der Fall, klagt man eben auf Schadenersatz und lässt sich die abgelehnte Bewerbung mit einer netten Geldsumme versüßen. So sprach der Bundesgerichtshof (BGH) einem betagteren Manager mehr als 36.000 Euro Schadenersatz zu, weil dieser seinen Job an einen jüngeren Kollegen verlor (BGH, Az.: II ZR 163/10). Zuvor brandmarkte das Bundesarbeitsgericht eine Regelung des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst als diskriminierend, weil die Zahl der Urlaubstage vom Alter der Beschäftigten abhing (Az.: 9 AZR 529/10). Mancher abgewiesene Kandidat nutzt das AGG aus und sucht nach diskriminierenden Aussagen in Stellenanzeigen oder Absageschreiben, um dagegen zu klagen. Sogenannte AGG-Hopper bewerben sich bei Unternehmen nur mit dem Ziel, dass sie nach einer Ablehnung Schadenersatz wegen Diskriminierung verlangen können. So war zum Beispiel der Satz „Wir bieten Ihnen ein junges Team" schon Anlass für eine Klage wegen Benachteiligung aufgrund des Alters (LAG Hamburg, 5 Sa 14/10). Stellenanzeigen, die nur für ein Geschlecht ausgeschrieben sind, werden ebenfalls sehr oft angegriffen, oder auch die Nichtberücksichtigung von Schwerbehinderten oder Angehöriger bestimmter Herkunftsgruppen. Abzocker haben bei der Justiz aber schlechte Karten, wenn sie nicht passend qualifiziert sind und sich gar nicht ernsthaft um den Job bemühen. Ein Indiz dafür ist, dass ein Bewerber bereits gegen mehrere Betriebe wegen Benachteiligung vor Gericht gezogen ist.

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