Frauen, die Geschichte machen: Ruth Bader Ginsburg

16.05.2019  — Markus Hiersche.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Ein geflügelter Ausspruch besagt: „Männer machen Geschichte“. Dass das zu kurz gegriffen ist, zeigt unsere Reihe „Frauen, die Geschichte machen“. Erleben Sie Frauen, die den Mut hatten, für Ihre Überzeugungen einzutreten – und so die Welt veränderten. Heute: Ruth Bader Ginsburg (*1933).

Als sie in den 1950ern ihr Studium der Rechtswissenschaften an der renommierten Harvard University aufnahm, war sie unter den 500 Männern eine von nur neun Frauen. Für Ruth Bader Ginsburg und ihre Kommilitoninnen bedeutete dies offene Diskriminierung und geschlechtsabhängige Zurücksetzung. Exemplarisch steht dafür das von Bader Ginsburg in Interviews immer wieder vorgebrachte Dinner des Dekans, auf dem der Dekan die Studentinnen tatsächlich fragte, was sie hier denn tun: „Jede von ihnen nimmt einem Mann den Platz weg!“ Doch Bader Ginsburg ließ sich von solchen Sprüchen nicht beeindrucken.

Keine Bevorzugung, nur Gleichberechtigung

Im Gegenteil: Sie festigten die Überzeugung der talentierten Juristin, die ihr Examen in den Rechtswissenschaften mit Bestnoten abschloss, sich für die Gleichberechtigung von Frau und Mann einzusetzen – und das mit Erfolg. Seit 1993 ist die heute 86-Jährige Richterin auf Lebenszeit am US-Supreme Court, dem höchsten Gerichtshof der USA, und setzt sich dort vor allem für Geschlechtergerechtigkeit ein.

Ihr Anliegen umreißt sie in einem Interview klar: „Ich verlange keine Bevorzugung meines Geschlechts. Ich verlange nur, dass unsere Brüder ihre Füße von unserem Nacken nehmen“.

Trotz ihres fortgeschrittenen Alters ist die Ikone der Liberalen nach wie vor engagiert bei der Sache und hat vor allem noch ein großes Ziel: Sie will die Amtszeit von Präsident Trump überleben, um so zu verhindern, dass dieser seinem Recht gemäß erneut einen (vermutlich männlichen) konservativen Kandidaten auf den Richterstuhl beruft.

Ein Leben für Frauenrechte: Von Brooklyn nach Washington

Doch wer ist diese Frau, die in einem Brooklyner Arbeiterviertel aufgewachsen und heute zu einer der Hoffnungsträgerinnen der Liberalen aufgestiegen ist? Der Start Ruth Bader Ginsburgs Karriere verlief zunächst holprig. Denn trotz Prädikatsexamens wollte sie aufgrund ihres Geschlechts keine der zwölf Anwaltskanzleien einstellen, bei denen sie sich beworben hatte. Erst am US-Bezirksgericht für den Süden des Staates New York wurde ihr eine Stelle als Rechtsreferendarin ermöglicht. Danach schlug sie eine wissenschaftliche Karriere ein und arbeitet an der Columbia University, deren erste festangestellte Jura-Professorin sie wurde. Im Zuge ihrer wissenschaftlichen Arbeit veröffentlichte sie unter anderem ein juristisches Fachbuch zur Geschlechterdiskriminierung.

Bekannt wurde Bader Ginsburg aber vor allem durch ihre Rolle als führende Anwältin der American Civil Liberties Union (ACLU), deren Women’s Rights-Projekt sie seit den 1970ern unterstützte. So forderte sie beispielsweise 1973 im wegweisenden Rechtsstreit „Frontiero v. Richardson“, dass ihrer Mandantin, eine verheiratete Soldatin der U.S-Luftwaffe, ein Wohnkostenzuschuss in der gleichen Höhe, wie sie ein Mann in entsprechender Position erhält, zusteht. Der Supreme Court teilte ihre Ansicht und hob das diskriminierende Bundesgesetz auf. Weitere Erfolge folgten. Es ist daher kaum verwunderlich, dass Präsident Carter ihr Talent erkannte und Ginsburg 1980 zur Richterin am United States Court of Appeals in Washington ernannte, wo sie bis zu ihrer Berufung zur Richterin am Supreme Court durch Präsident Bill Clinton tätig war.

Einsatz für eine liberale Gesellschaft

Auch am Supreme Court setzt sie sich konsequent für eine liberale Gesellschaftsordnung ein. So stimmte sie 2017 unter anderem im Rechtsstreit „Obergefell v. Hodges“ dafür, dass die US-Bundesstaaten gleichgeschlechtliche Ehen erlauben und anerkennen müssen – für die LGBTQ-Community ein bedeutendes Urteil. In fortschrittlichen Kreisen macht sie das beinahe zu einem Superstar. Auch Hollywood hat das Leben Ruth Bader Ginsburgs für sich entdeckt: 2019 kam mit „Die Berufung“ ein Film in die Kinos, der sich den steinigen Anfangsjahren der Ausnahme-Juristin widmet und zeigt, mit welcher Kraft und Ausdauer Bader Ginsburg für Frauenrechte stritt – und am Ende meist vor Gericht siegte.

Quellen und Hintergründe:





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