Realitätscheck für die Politik

12.10.2015  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: Institut der deutschen Wirtschaft Köln e.V..

Die Gesellschaft wird immer älter, damit steigt auch die Zahl der pflegebedürftigen Menschen. Doch während über die steigenden Kosten und den Bedarf an Pflegekräften diskutiert wird, fällt ein Thema unter den Tisch: Wie steht es eigentlich um die erforderliche Pflegeinfrastruktur? Nicht gut, wie eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW) zeigt.

2,6 Millionen Menschen waren 2013 in Deutschland pflegebedürftig, diese Zahl dürfte nach IW-Schätzungen bis zum Jahr 2030 um bis zu 828.000 steigen. Bundesweit müssen dafür bis zu 220.000 Plätze mehr in Pflegeheimen geschaffen werden. Die Bundesländer sind auf diesen Trend unterschiedlich vorbereitet: Nordrhein-Westfalen etwa muss fast 48.000 zusätzliche Pflegeplätze schaffen, in Bayern sind es knapp 23.000, in Baden-Württemberg 29.000. Einzig das Saarland müsste bei einer höheren Auslastung der bereits vorhandenen Pflegeheime kaum nachrüsten – hier fehlen nur etwa 1.000 Plätze.

Die Politik setzt derzeit auf mehr ambulante Pflege, insbesondere durch Angehörige und Ehrenamtliche. Realistisch ist das nicht, warnt IW-Forscher Jochen Pimpertz: „Bislang fehlen empirische Beweise dafür, dass die familiäre oder nachbarschaftliche Pflege steigt.“ Bundesweit gibt es eher einen Trend hin zu mehr professioneller Pflege. Zudem spielen gesellschaftliche Entwicklungen eine Rolle: Die Zahl der Single-Haushalte steigt, genau wie die Gruppe der Kinderlosen. Partner und Kinder fallen damit immer häufiger als potenzielle Pfleger weg. Auch ist nicht absehbar, wie sich die steigende Erwerbstätigkeit von Frauen auf die Pflegebereitschaft auswirkt. Bislang übernehmen vor allem Töchter, Schwestern und Schwiegertöchter die Pflege, was sich allein rein zeitlich meist nicht mit einem Job vereinbaren lässt.

„Die Politik muss der Realität ins Auge sehen und schnell reagieren“, sagt Pimpertz. „Denn der notwendige Ausbau der Infrastruktur braucht Zeit.“ Dabei sollten die Länder keine Versorgungsart bevorzugen, sondern Investitionen in alle Bereiche attraktiv machen.




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