Sous vide, sauerstoffbefreit im Plastiktütchen zubereitet

21.08.2019  — Martina Morf-Koller.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Heilpraktikerin und Ernährungsberaterin Dr. Martina Morf-Koller teilt in ihrer Kolumne Wissenswertes zum Thema gesunde Ernährung. In diesem Artikel sinniert sie über die Möglichkeit ohne Sauerstoff zu garen.

Liebe Leserin, lieber Leser,

ich finde, dass französische Bezeichnungen per se immer schön und künstlerisch anspruchsvoll klingen. So auch „sous vide“, was nichts anderes zum Ausdruck bringen soll als „unter Vakuum“. Man gebe die Zutaten fürs Essen in ein mehrlagiges Plastiktütchen, sauge mit einem Vakuumiergerät die Luft heraus, schmeiße das ganze ins Wasserbad oder den Dampfgarer und lasse den Kunststoffbeutel bei relativ niedrigen Temperaturen vor sich hinbaden, fertig zur Endoptimierung. Und weil es die Franzosen „erfunden“ haben sollen, trägt diese Art der Zubereitung einen französischen Namen. Aber mal ehrlich, Essen über einen langen Zeitraum ohne Sauerstoff zu garen, gibt es seit die Menschheit das Feuer entdeckt hat, also keinesfalls eine Neuerscheinung. Vor vielen Jahrhunderten wurden ganze Tiere unter Asche verbuddelt und nach Stunden gar aus der Erde geborgen. Oder nehmen wir meinen Lieblingsitaliener, der versteckt seinen Wolfsbarsch unter einem dicken Salzmantel, in Indien backt man Fleisch umgeben von Lehm, es gibt da viele Möglichkeiten des Luftabschlusses.

Jedenfalls hat es in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts einem französischen Koch sauer aufgestoßen, dass er bei der Zubereitung der sehr teuren Gänsestopfleber jeweils durch den Kochvorgang 40 % der Masse in Form von Fetten und Säften und damit an Einkommen verlor. Schlau wie er war, wickelte er das Produkt von da an in Folienschichten, bevor es ins Wasserbad kam. Durch weiteres Experimentieren kam man schließlich auf das Vakuumieren. Allerdings war „Sous vide“-Garen zu der Zeit aufgrund der Gerätschaften nichts für den Hausgebrauch, musste man doch fast in eine Laborausrüstung investieren. Aber für große Nahrungsmittel-Firmen schien es lohnenswert und so verbreitete es sich rasch über ganz Europa bis nach Amerika. Dort allerdings wurde es durch die FDA, die amerikanische Gesundheitsbehörde, 1988 verboten.

Während das Kochgut bei kontrollierter Hitze gemütlich im Thermalbad dümpelt, bleiben Aromen, Geschmacksstoffe und austretende Flüssigkeit im Beutel. Da keine Interaktion mit der Außenwelt möglich ist, kann der Geschmack nicht verfälscht werden. Durch das Vakuum im Beutel intensivieren sich außerdem die Aromen. So weit, so gut. Wenn nun aber bei angenehmen Temperaturen, appetitliches Eiweiß, Zucker oder Ähnliches ohne das Vorhandensein jedweder Konservierungsmittel im Beutel schwimmen, freut das besonders Bakterien. Und weil das eine oder andere Mal nicht hygienisch genug gearbeitet wurde, kam es in Ende der 1980er zu schwersten Lebensmittelvergiftungen und die amerikanischen Behörden sahen sich gezwungen diese Zubereitung zu verbieten.

Schnee von gestern. Irgendwann wurde wieder damit angefangen. Inzwischen bietet der Handel sowohl Vakuumiergeräte mit passenden speziellen Beuteln, als auch Sous vide-Garer für den Hausgebrauch. Kann man doch damit hervorragend das nahezu fertige Abendessen für die Gäste bereithalten und dann punktgenau endgültig ohne Stress zubereiten. Im Vakuumbeutel lässt sich zwar gut garen, aber natürlich bekommt Fleisch so weder Kruste noch Röstaromen. Also bestimmt man die Kerntemperatur und bereitet z. B. das Steak wie gewünscht rosa oder rare im Wasserbad. Dann noch kurz von jeder Seite anbraten, fertig. Das könnte sogar ich. Herrliche Zeiten für Gastgeber. Auf alle Fälle sollte man ein sauberes Umfeld schaffen, gründlich Hände waschen oder ggf. mit Silikonhandschuhen arbeiten, die Zutaten sorgfältig putzen, abspülen, trocken tupfen und auf Schimmelbefall achten.

Ich persönlich würde auf rosa Hähnchenfleisch verzichten wollen, wenn nicht gewährleistet ist, dass es perfekte Küchenbedingungen gibt. Sonst lieber kurz vorm Vakuumieren von allen Seiten anbraten und schnell herrunterkühlen. Mit Salmonellen ist nicht zu spaßen. Man hat mir erzählt, dass die Geschirrspülmaschine im 50 Grad-Programm ganz hervorragend sei für Lachsfilet in Küchenfolie. Allerdings bitte nicht das Eco-Programm nutzen, weil es nicht ausreichend warm wird um den Fisch zu garen. Vielleicht grundsätzlich bei der nächsten Wäsche einmal das Bratenthermometer mitspülen, um sich über die Klimabedingungen in der Spülmaschine zu informieren.

Es soll sogar Experimente mit dem Warmwasserspeicher der Heizungsanlage gegeben haben, ich weiß ja nicht.

Die Autorin

Dr. Martina Morf-Koller lebt mit Mann und Kind in Hamburg-Bergedorf und arbeitet dort als Heilpraktikerin in eigener Praxis. Sie hat sich auf Beschwerden und Schmerzen des Bewegungssystems spezialisiert. Dabei behandelt sie Muskeln, Gelenke, Wirbelsäule und fasziale Netzwerke manuell und vermittelt alltagsbezogene ökonomische Bewegungsformen um die Körperstruktur nachhaltig zu verbessern. In klientenzentrierter Gesprächstherapie entwickelt sie mit Patienten individuelle Strategien zur Stressbewältigung. Als Ernährungsberaterin liebt sie es außerdem Wissenswertes zum Thema "gesunde Ernährung" humorvoll aufzubereiten und praxistauglich ihren Patienten näherzubringen. Ernährungsberatung soll auf jeden Fall Genuss, Lebensfreude und auch Spaß vermitteln, denn sonst kommt das Wissen nicht an.



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