Ministerin Steffens: Mädchen und junge Frauen mit Behinderung/chronischer Erkrankung besser vor Gewalt schützen

23.03.2017  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter des Landes Nordrhein-Westfalen .

Mädchen und Frauen mit Behinderung sind besonders häufig Opfer von Gewalt – ein bundesweit einzigartiges Informations- und Hilfeangebot im Internet soll Hilfe und Prävention bieten.

So werden laut einer Studie1 beispielsweise Frauen mit geistigen oder körperlichen Einschränkungen zwei bis dreimal häufiger Opfer von sexualisierter Gewalt als der Durchschnitt der weiblichen Bevölkerung. Im Rahmen eines vom Land geförderten Projekts bietet das bundesweit einzigartige Internetportal www.mädchensicherinklusiv-nrw.de Informationen und Hilfeangebote für Mädchen und junge Frauen mit Behinderung/chronischer Erkrankung und vermittelt Beratung per Chat, E-Mail oder Telefon.

„Das Portal ist ein leicht zugängliches Hilfe- und Beratungsangebot, dass sehr genau an den Bedürfnissen und Bedarfen der Zielgruppe orientiert ist. Es unterstützt die Selbstbestimmung von Mädchen und jungen Frauen mit Behinderung/chronischer Erkrankungen und trägt zu ihrem verbesserten Schutz vor Gewalt bei“, erklärte Ministerin Barbara Steffens am Mittwoch in Düsseldorf. „Nicht nur die Inhalte sind auf die Lebenswirklichkeit der Nutzerinnen abgestimmt, sondern auch die verschiedenen Formen der Darstellung. Damit möglichst viele Betroffene das Portal nutzen können, sind die Angebote auch in Leichter Sprache und auf Türkisch beziehungsweise als Videos in Gebärdensprache verfügbar“, so Steffens weiter.

Die Gründe, warum Frauen mit Behinderung häufiger Gewalt erfahren, sind vielfältig: Neben einer möglicherweise eingeschränkten Abwehr­fähigkeit können ausgeprägte Abhängigkeitsverhältnisse zu anderen Menschen, geringes Selbstwertgefühl sowie Tabuisierung von Sexualität eine Rolle spielen. Auch Verständigungs- und Verständnisschwierigkeiten und ein Mangel an Information über Selbstbestimmung und sexuelle Selbstbestimmung tragen dazu bei. Deshalb wurde das Internetangebot so aufbereitet, dass es für möglichst viele Betroffene zugänglich ist. Die Videos in Gebärdensprache beispielsweise erleichtern Nutzerinnen mit Hörproblemen, die Schwierigkeiten haben, die Schriftsprache zu verstehen, den Zugang zu den Informationen. Die Version in Leichter Sprache gewinnt im Hinblick auf geflüchtete Mädchen und junge Frauen, für die Deutsch eine Fremdsprache ist, zusätzliche Bedeutung. „Ein weiterer wichtiger Baustein des Projekts ist die Beratung per Chat, E-Mail oder Telefon. Damit haben Betroffene einen direkten Draht zu den Hilfeangeboten. Das stärkt ihre Unabhängigkeit und Selbstbestimmung“, so Steffens.

Das Portal www.mädchensicherinklusiv-nrw.de ist Teil des Projektes „Mädchen sicher inklusiv – Gewaltprävention und Gewaltschutz für Mädchen und junge Frauen mit Behinderung/chronischer Erkrankung“ des Mädchenhauses Bielefeld. Die Einrichtung bietet vor Ort auch persönliche Beratungsgespräche an. Zum Projekt gehören außerdem Workshops für betroffene Mädchen und junge Frauen, Vernetzung mit weiteren Hilfeangeboten sowie Unterstützung anderer Einrichtungen, um den Schutz von Mädchen und junge Frauen mit Behinderung/chronischer Erkrankung vor Gewalt zu verbessern.

1 Studie „Lebenssituation und Belastungen von Frauen mit Beein­trächtigungen und Behinderungen in Deutschland“, Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, 2013

Hintergrund:

Projekt „Mädchen sicher inklusiv“

Das MGEPA fördert das Projekt über drei Jahre noch bis Juni 2018 mit insgesamt rund 571.000 €.

Mädchen und junge Frauen mit Behinderungen

  • In NRW leben rund 16.000 Mädchen und junge Frauen mit einem anerkannten Grad der Behinderung von 50 Prozent oder mehr.
  • Es ist aber von einer hohen Dunkelziffer Betroffener auszugehen, da gerade Frauen häufig die Beantragung der Anerkennung ihrer Beeinträchtigung vermeiden. Gründe sind Unkenntnis, Scham aber auch Angst vor den Folgen mangelnder gesellschaftlicher Anerkennung.

Gewalterfahrungen von Frauen mit Behinderungen

Als Erwachsene haben Frauen mit Behinderung Erfahrungen mit
(in Klammern: Vergleichswert Frauen Bevölkerungsdurchschnitt):

  • psychischer Gewalt: 68 - 90 Prozent2 (45%)
  • körperlicher Gewalt: 58 - 75 Prozent (35%)
  • sexualisierter Gewalt: 21 - 43 Prozent (13%)

Quelle: Studie „Lebenssituation und Belastungen von Frauen mit Beeinträch­tigungen und Behinderungen in Deutschland“, Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, 2013

2 Je nach Befragungsmethode und -umständen. Befragt wurden gehörlose, blinde, psychisch erkrankte Frauen, Frauen mit sog. geistigen Beeinträch­tigungen, chronischen Erkrankungen sowie körper-/ mehrfachbehinderte Frauen.

Mädchenhaus Bielefeld e.V.

Schwerpunkt der Arbeit ist Unterstützung von Mädchen und jungen Frauen, die sexualisierte, körperliche und seelische Gewalt erlebt haben. Zu den Angeboten gehören:

  • Beratung und Therapie
  • Zuflucht in Not- und Krisensituationen
  • Fachberatungsstelle gegen Zwangsheirat mit Online-Beratung
  • Hilfeeinrichtung für minderjährige unbegleitete Flüchtlingsmädchen „Porto Amal“
  • Angebot zur Verselbstständigung – Mädchenwohnen „Linah“
  • Gewaltschutz bei Behinderung „Mädchen sicher inklusiv“




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